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Absage der Leipziger Buchmesse

Absage der LBM

Die Leipziger Buchmesse wurde nach anderen Messen ebenfalls abgesagt. Die Bestürzung ist bei den Betroffenen natürlich groß – auch ich hatte mich auf die Messe gefreut.
Allerdings ist die Entscheidung mehr als nachvollziehbar. Und vermutlich auch richtig. Es ist gerade schwierig, objektive und gemäßigte Nachrichten zu Corona zu bekommen, zwischen den »Leute horten Klopapier« und »atmet mal locker durch die Hose, ist nur Grippe« Schlagzeilen.
Ich maße mir kein Urteil dazu an, ich bin weder Virologe noch sonst irgendwie in dem Bereich unterwegs oder eingeweiht. Machen mir die Berichte Sorgen? Klar.
Denke ich, dass wir jetzt dem Klimawandel mit dem Ende der Menschheit zuvorkommen? Wohl kaum.
Man sollte die Situation nicht verharmlosen, denke ich. Es gibt genug Leute mit erhöhtem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf. Ähnlich wie bei Impfungen liegt es irgendwie in der Pflicht ALLER, sich dafür einzusetzen, dass die Schwächsten der Gemeinschaft nicht einem unnötigen Risiko ausgesetzt werden.
Daher geht die Absage der Buchmesse für mich völlig in Ordnung.
Sehr schade, aber verständlich. Und wohl auch vernünftig.

Aber es gibt daran ein paar Dinge, die mich stutzig machen oder stören.
Die Menschen drehen mal wieder völlig durch, dabei ist noch vergleichsweise wenig passiert. Dennoch haben wir mancherorts schon Engpässe von Klopapier über Mehl und Zucker zu Desinfektionsmittel, Atemmasken und (wtf!?) Knoblauch.
Die Menschen schalten ihr Hirn ab, weil die Medien es nur mit Panik füttern. Hier würde ich mir definitiv eine gemäßigtere Berichterstattung wünschen. Aber Panik und Hysterie verkaufen mehr Auflage – schade.

Die Absage der Messe bedeutet – gerade für kleinere Verlage und Künstler – einen enormen Einbruch der Einnahmen. Viele schaffen sich durch eine gute Messe ein Polster, das sie über das Sommerloch trägt. Diese Menschen und Verleger, Illustratoren, Autoren – aber auch Messe-Dienstleister von Gastro über Aufbau zu Hotelgewerbe und Taxifahrern – ALLEN versetzt die Absage einen enormen wirtschaftlichen Schlag.
Ob wir hier auch einen Rettungsschirm bekommen wie einst bei den Banken? Ihr wisst noch, die Banken, die sich bewusst mit faulen Anleihen usw. verzockt haben?
Aber da kommt natürlich die Systemrelevanz zum tragen. Kunst vs. Geld – der Kampf verlief noch nie gut für die Kunstseite.
Darum eine dringende Bitte: Wartet mit den Käufen neuer Bücher, Prints und anderer Sachen, die ihr in Leipzig holen wolltet, nicht, bis zur nächsten Messe. Einige der Künstler könnten es finanziell bis dahin vielleicht gar nicht mehr schaffen.
Schaut mal unter #bücherhamstern im Netz, da findet ihr tolle Aktionen und Bücher von ganz vielen engagierten Menschen, für die die Absage der Messe einen herben wirtschaftlichen Schlag bedeutet.

Als kleines Trostpflaster für alle, die sich auch schon auf die Messe gefreut hatten, verschenke ich dieses Wochenende mein Buch »Welt aus Staub« für Kindle. Folgt einfach diesem Link, wenn ihr Lust auf eine Klimawandel-Dystopie habt.

Stutzig macht mich die Art und Weise, in der jetzt große Messen abgesagt werden, mit dem Hinweis, dass die Gesundheit der Bevölkerung auf dem Spiel stehe. Ja, die Argumentation mag stimmen …
Aber die ließe sich doch eigentlich auch auf andere Dinge anwenden wie, sagen wir mal, Fußball?
Die Stadien aller Mannschaften in der 1. Bundesliga fassen zusammen ungefähr 800.000 Menschen. Da immer zwei Mannschaften gegeneinander spielen, kommen wir mal im Schnitt auf 400.000 (Schwankungen nach oben und unten, wenn gerade in allen sehr großen oder kleinen Stadien gespielt wird).
Die Buchmesse Leipzig hatte letztes Jahr ca. 260.000 Besucher.
Also … selbst wenn die Stadien immer nur zu 50% besetzt sind, kommen wir an jedem Wochenende der Saison auf 200.000 Menschen, die teilweise quer durch die Republik reisen, neben anderen Menschen sitzen, Stadiontoiletten benutzen, in der Schlange für Bier und Bratwurst warten usw.
Jede. Woche.
Und bevor ich jetzt gelyncht werde, weil Fußball in Deutschland heiliger als Jesus ist – ich will die Spiele gar nicht absagen! Ich finde es gut, dass das gesellschaftliche Leben weitergeht.
Aber seien wir mal ehrlich: Es lässt sich politisch und medial viel besser verkaufen, wenn man sich als neuer Heiland vor »sein Volk« stellt und sagt: »Keine Messe, das Risiko ist zu groß!«, anstelle zu sagen: »Wie wäre es, wenn die Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragen und nur im TV gezeigt werden?«
Aber in Deutschland gegen Fußball zu sein (oder in dem Fall nicht einmal GEGEN Fußball, sondern nur FÜR die Minimierung der Ansteckungsgefahr), ist vermutlich mit der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen und Tempolimit auf der Autobahn in den Top 3 des politischen Selbstmords.
Und wenn unsere Zeit eines zeigt, dann dass der eigene Machterhalt doch laaaange vor dem Wohl der Gesellschaft steht.
Was macht man nun mit der Erkenntnis?
Petitionen schreiben, die eine Aussetzung der Bundesliga fordern? Mitnichten.

Ich würde mir einfach wünschen, dass wir alle mit einem realistischeren Blick an die Dinge herangehen.

Euch allen wünsche ich Gesundheit und Besonnenheit. Bleibt sicher.

Gruß
Stephan

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